Station 10

Hydraulischer Widder und Archimedische Schraube

Sie stehen nun vor einem faszinierenden Beispiel historischer Ingenieurskunst – dem hydraulischen Widder, auch bekannt als Stoßheber oder Wasserwidder. Dieses geniale Gerät ist eine Wasserpumpe der besonderen Art: Ohne elektrische Energie nutzt sie allein die Kraft des fließenden Wassers, um einen Teil davon auf eine größere Höhe zu befördern.

Das Prinzip des hydraulischen Widders fasziniert durch seine geniale Einfachheit: Wasser fließt vom Zulauf durch das geöffnete Stoßventil und drückt dieses zu. Dieser plötzliche Stopp der Wassersäule erzeugt einen starken Druckstoß – ähnlich wie wenn Sie einen fließenden Wasserschlauch abrupt zudrücken. Dieser Druckstoß ist so kraftvoll, dass er ein zweites Ventil, das Steigventil, kurzzeitig öffnet. Dadurch wird ein Teil des Wassers in den darüber liegenden Windkessel gepresst. Der Windkessel ist mit Luft gefüllt und wirkt wie ein Stoßdämpfer: Er nimmt das Wasser auf und gibt es gleichmäßig an die Steigleitung weiter, die zu unserem Zielpunkt führt – zum Beispiel zu einem höher gelegenen Wassertank.

Nachdem sich der Druckstoß abgebaut hat, schließt sich das Steigventil durch sein Eigengewicht, und das Stoßventil öffnet sich wieder. Nun kann erneut Wasser einströmen, und der gesamte Vorgang beginnt von vorne. 

FUNKTIONSWEISE HYDRAULISCHER WIDDER

FUNKTIONSWEISE HYDRAULISCHER WIDDER

Das Besondere an diesem System: Es arbeitet völlig selbstständig und benötigt keine externe Energiequelle außer dem fließenden Wasser selbst. Ein Teil der Energie des bergab fließenden Wassers wird genutzt, um somit einen kleineren Teil des Wassers nach oben zu pumpen.

Die Geschichte dieser Erfindung ist eng mit zwei bedeutenden Namen verbunden: 1772 entwickelte John Whitehurst die sogenannte Pulsation Engine – die Vorläuferin des hydraulischen Widders. Bei seiner Erfindung musste noch von Hand ein Wasserhahn betätigt werden, um den Druckstoß zu erzeugen. Der entscheidende Durchbruch gelang 1796 dem Franzosen Joseph Michel Montgolfier – ja, demselben Montgolfier, der auch für seine Heißluftballons berühmt wurde. Gemeinsam mit Aimé Argand automatisierte er den Prozess durch ein selbsttätig schließendes Ventil. Der Name "Widder" geht übrigens auf Montgolfier selbst zurück: In seiner Patentschrift verglich er die entstehende Kraft mit dem Stoß eines Widders.

Noch heute findet diese nachhaltige Technologie vielfältige Anwendung. Besonders in abgelegenen Gegenden, wo weder Stromnetz noch öffentliche Wasserversorgung verfügbar sind, erweist sich der hydraulische Widder als ideale Lösung. Berghütten, Ferienhäuser und landwirtschaftliche Betriebe in der Nähe von Fließgewässern nutzen diese zuverlässige Technik. Der hydraulische Widder ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie historische Erfindungen auch in der modernen Zeit ihren Wert behalten.

Eine weitere faszinierende historische Methode der Wasserförderung können Sie links neben dem Widder gelegen, nicht nur sehen, sondern auch selbst ausprobieren: die Archimedische Schraube. Diese geniale Erfindung, die auf den griechischen Mathematiker und Ingenieur Archimedes (287-212 v. Chr.) zurückgeht, demonstriert ein völlig anderes Prinzip der Wasserförderung.

Drehen Sie die Schraube mit der Handkurbel! Sie sehen, wie die spiralförmigen Windungen der Schraube im Rohr Kammern bilden, die sich mit Wasser füllen. Durch Ihre Drehbewegung transportieren diese Kammern das Wasser Schritt für Schritt nach oben. Im Gegensatz zum kraftvollen Stoß des hydraulischen Widders arbeitet die Archimedische Schraube mit einer sanften, aber stetigen Bewegung.

Beide Methoden - der hydraulische Widder und die Archimedische Schraube - zeigen eindrucksvoll, wie unsere Vorfahren mit unterschiedlichen technischen Lösungen die Herausforderung der Wasserförderung meisterten. Während der Widder die Kraft des fließenden Wassers nutzt, können Sie bei der Archimedischen Schraube selbst erfahren, wie mechanische Energie in Förderhöhe umgewandelt wird. Beide Techniken sind bis heute in Gebrauch und beweisen, dass geniale Erfindungen zeitlos sind.

Dieses Projekt wurde gefördert durch den
Naturpark Südschwarzwald e. V. mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg und der Lotterie Glücksspirale.